Back to the Basics:
mit freundlicher Genehmigung von Siegfried Netzband
Internet, Radio, Taschenrechner und Gezeitenkalender machen es heute einfach, überall und zu jeder Zeit Gezeitenangaben auf die Minute und den Zentimeter genau zu bekommen. Das war nicht immer so. Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts war der Mond die Gezeiten-Bestimmungshilfe für den Seefahrer. Warum nutzen wir ihn heute nicht mehr, und sei es darum, altes Wissen zu erhalten oder aufzufrischen? Im folgenden Artikel wird dies versucht – nicht ohne auf die damit verbundenen Probleme hinzuweisen.
Ebbe und Flut bestimmten früher an der Küste häufig den Lebensrythmus. Der Mond war damals der Gezeitenkalender der Küstenbewohner. Sie konnten nach dem Mond den Zeitpunkt des Hochwassers und die Höhe der Gezeit für ihren Ort bestimmen. Aus der Form des Mondes, d.h. dem Mondalter und dem Stand des Mondes konnte mein alter Kutterführer in den 50er Jahren erkennen, wann Hochwasser eintreten würde. Er wusste natürlich auch ob Spring-, Mitt-, oder Nipptide herrschte und ob er noch einen Hohl machen konnte bevor es an der Zeit war, die Eider hoch zu laufen und nach Tönning zurück zu kehren. Er hatte nie eine Gezeitentafel oder einen Tidenkalender an Bord.
Das Wissen um die Zusammenhänge von Gezeiten und Mond ist schon aus der sehr frühen Seefahrt dokumentiert. Selbst wenn der Mond unsichtbar war versuchte man ihn zu nutzen. Als Beispiel mag hier eine Anweisung aus den „Katalanischen Atlas“ von 1375 dienen: „Aber wie kann ich wissen“, so werdet Ihr sagen, “wo der Mond ist?“ Ihr müsst wissen, wie viele Stunden der Mond hat, denn Ihr müsst die Rechnung kennen, dass jedem Tag ein Strich der Windrose entspricht, so dass der Mond, wenn er 8 Tage alt ist, von der Sonne 8 Striche entfernt ist, also wenn die Sonne im Westen ist, der Mond 8 Striche Verspätung hat und im Süden steht….Und um wie viele Tage der Mond alt sein wird, um so viel Striche wird der Mond hinter der Sonne stehen.“[1]
Später, immer noch lange bevor es Gezeitentafeln (GT) und -kalender gab[2], kannte man für jeden Ort die sog. „Hafenzeit“: Zunächst war dies die auf den beobachteten Durchgang des Mondes durch den lokalen Meridian bezogene Zeit, zu der genügend Wasser vorhanden war um in den Hafen einzulaufen. Man wusste um wie viel später nach der örtlichen Kulmination des Mondes das nächste Hochwasser eintrat. Im Laufe der Zeit entstanden „Seebücher“ für größere Gebiete. Deren Angaben für Hafenzeiten in mehreren Häfen bezogen sich auf den Monddurchgang durch den Meridian in Greenwich, 000˚ geographische Länge.
Die Hafenzeit war nur ein Mittelwert. Noch bis ins 20. Jahrhundert richtete man sich danach. Fehler von plus, minus 30 Minuten und mehr spielten keine Rolle. Die Geschwindigkeiten waren gering, die Genauigkeiten in der Navigation ohnehin.
Bild 1: Der Verlauf der Hafenzeit
Eine Abbildung aus einem Handbuch aus dem Jahre 1888.
Soviel aus den Anfängen der Gezeitenlehre. Das Wissen in der frühen Seefahrt war rein empirisch, beruhte ausschließlich auf langer Beobachtung und Erfahrung. Wissenschaftliche Grundlagen wurden erst mit zunehmender Kenntnis der astronomischen Zusammenhänge (Copernicus (1473-1543), Galilei (1564-1642), Kepler (1571-1630)) und schließlich nach Entdeckung der Gravitationsgesetze (Newton (1643-1727)) erarbeitet. Gegen Ende des 19.Jhds wurde die hydrodynamische und mathematische Grundlagenforschung in der Meereskunde intensiviert bis schließlich in der zweiten Hälfte des 20.Jhds mit modernen Computern genaue theoretische Ergebnisse erzielt, entsprechende Vorausberechnungen bzw. Simulationen gemacht und mit über viele Jahre erfassten Statistiken verglichen werden konnten. Und trotzdem: Werden heute für einen Ort genaueste Vorausberechnungen verlangt, werden 14 Tage lang vorab, besser ein Jahr, die Wasserstände gemessen und bei der Berechnung berücksichtigt.
Das BSH ist heute in der glücklichen Lage Pegelmessungen über mehr als 19 Jahre zu besitzen, über den Zeitraum der Periode hinaus, in der alle relevanten Konstellationen von Sonne, Mond und Erde einmal vorkommen. Die Gezeitenvorausberechnung erfolgt daher dort nicht mehr nach dem klassisch-mathematischen „Harmonischen Verfahren“ sonder nach „Non-Harmonischen Verfahren“. Bei diesem Verfahren werden die Monddurchgänge durch den Meridian berechnet und mit Hilfe der ermittelten Gezeitenwerte und ihrer Ungleichheiten die Vorausberechnungen durchgeführt. Für die „strömungs-komplizierten“ deutschen Nordseeküstengewässer hat sich dieses Verfahren als das geeignetere herausgestellt.
Gezeitenberechnung ist und bleibt Theorie
Jede Vorausberechnung der Gezeit nach Tabellen und Tafeln, und sei sie auch noch so aufwendig und präzise, beruht ausschließlich auf astronomischen Grundlagen oder statistischen Werten der Vergangenheit. Die Auswirkungen gegenwärtiger meteorologischer Ereignisse wie Wind und Luftdruck können vorab langfristig nicht berücksichtigt werden. Daher auch folgende Warnung in den Gezeitentafeln (GT) des BSH:
„….stets zusätzlich mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, dass auf Grund von Wettereinflüssen die tatsächlichen Eintrittszeiten und Höhen der Hoch- und Niedrigwasser von den vorausberechneten um kleinere und gelegentlich auch um größere Beträge abweichen.“
Wenn die Meyer-Werft in Papenburg einen ihrer Riesen-Neubauten die Ems hinunter bugsieren lässt, geht´s um Zentimeter unter Kiel und Minuten genaues Positionieren in der Ems auf dem Flutberg. Der Werftkapitän verlässt sich da nicht allein auf die Gezeitentafeln. Vor und während der Fahrt wird der Rat vom Deutschen Wetterdienst (DWD) und BSH eingeholt. Es wird ständig gerechnet. Eigens dafür abgestellte Nautiker bekommen fortlaufend Wasserstandsmesswerte in Echtzeit von vor Ort an der Ems um sicherzustellen, dass das Schiff Minuten genau mit maximalem Wasserstand die Ems hinunter gelangt.
Ähnliches gilt für Sturmflutvorhersagen. Auch da müssen erst kurzfristige meteorologische Daten eingebracht und berücksichtigt werden um möglichst genaue Vorhersagen treffen zu können.
Bild 2: Das System Sonne , Mond und Erde
Der „Problemfall“ Mond – Kleine Gezeitentheorie in Stichworten….
Für die Gezeiten sind in erster Linie die Anziehungskräfte des Mondes (zu ca. 70%) und der Sonne (zu ca. 30%) verantwortlich. Den weitaus größeren, den ca. 2,2-fachen Anteil hat also der Mond.
Bild 3: Ausrichtung der Flutberge in Abhängigkeit vom Mondalter (hier ca. 4 Tage)
Stehen Sonne und Mond mit der Erde in einer Linie (Neu, Vollmond) addieren sich die Kräfte und es herrscht Springzeit. Bilden Mond-Erde-Sonne einen rechten Winkel (1. und letztes Viertel) herrscht Nippzeit.
Bild 4 : Ursachen der Ungleichheiten.
Richtung, Entfernung und Geschwindigkeit der Himmelskörper zueinander ändern sich ständig und damit ihre Wirkung auf die Wassermassen um die Erde
Die Bewegung des Mondes in Bezug auf die Erde und die Sonne ist „unregelmäßig“ und hat, wie oben angedeutet, eine Periode von fast 20 Jahren. Seine Position verändert sich schnell und lässt sich nur mit großem Aufwand vorausberechnen. In früheren Zeiten galt z.B. die Vorhersage von Sonnen- und Mondfinsternissen als Geheimwissenschaft.
- Der Mond wandert zusammen mit der Erde um die Sonne. Der Schwerpunkt des Systems Mond-Erde liegt innerhalb der Erde. Beide Himmelskörper verändern ihre Entfernung und ihre Lage zur Sonne und zueinander sowie ihre Bahngeschwindigkeiten ständig.
- Die Polachse der Erde ist gegenüber der Ekliptik um 23 Grad geneigt. Um diese Achse dreht sich die Erde einmal in 24 Stunden bezogen auf die Sonne. Ihre Entfernung von der Sonn ist Anfang Januar am kleinsten, Anfang Juli am größten, Ihre Umlaufgeschwindigkeit ist am sonnenfernsten Punkt (21. Dezember) am geringsten, im sonnennächsten Punkt (21. Juni) am größten.
- Die Bahn des Mondes um die Erde ist um ca. 5 Grad zur Ekliptik geneigt. Sie dreht sich in ca. 8,8 Jahren einmal um 360 Grad, pro Jahr um ca. 41 Grad. Die Entfernung des Mondes zur Erde verändert sich bei einem Umlauf um ca. 15%, entsprechend verändert sich seine Anziehungskraft. Seine Umlaufgeschwindigkeit schwankt ebenfalls stark.
Fazit: Im System Sonne–Erde-Mond verändern sich die Richtungen und Entfernungen der Körper zueinander und die relativen Geschwindigkeiten ständig und unregelmäßig. Ebenso verändern sich die die Gezeiten verursachenden Kräfte und führen zu „Ungleichheiten“, d.h. ständigen Abweichungen in Höhe und Zeit von theoretischen Mittelwerten.
…..und die wichtigsten Zahlenangaben dazu
- Die Erde dreht sich in 24 Std. einmal um 360˚ um ihre Polachse, die Sonne wandert, von der Erde aus gesehen, pro Std. um ca. 15˚nach Westen.
- Der Mond umrundet die Erde in ca. 24h50m, einem Mondtag. Pro Stunde wandert er, von der Erde aus gesehen, um ca. 14,5˚ nach Westen.
- Bei Eintritt des Neumondes haben Sonne und Mond gleiches Azimut. Der Mond rückt pro Tag unter den Sternen knapp 13˚ nach Osten.
In der Frühzeit hatte der Kompass 32 Strich, jeder Strich 11.25˚. Daher die obige (ungenaue) Angabe, dass der Mond sich pro Tag um einen Strich von der Sonne entfernt.
Diese Veränderungen kann man gut in der Natur beobachten wenn man einige Tage lang hintereinander zur selben Zeit nach Sonneuntergang den zunehmenden Mond beobachtet. Er taucht immer weiter im Osten auf. Nett und hilfreich ist auch auf dem GPS-Gerät im Menü „Sonne Mond“ die Simulation der Bewegungen im System Sonne-Erde-Mond sich anzusehen und damit „zu spielen“. Es lohnt sich beides einmal zu machen und hilft die Vorgänge dort oben am Himmel leichter zu verstehen.
- Bestünde die Erdoberfläche nur aus Wasser würden 2 Flutberge, verursacht durch die Anziehungskraft von Sonne und Mond, entstehen. Einer in Richtung der Kräfteresultierenden und einer auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel. Die Erde würde unter der Wasserhülle rotieren, die Flutberge würden in einem Abstand von einem halben Mondtag, d.h. ca. 12h25m aufeinander folgen. Dies entspricht der mittleren Tidendauer. Durch Landmassen, Untiefen und die Rotationskraft der Erde werden sie jedoch verzögert und schwingen in komplexer Weise bis in die Randmeere hinein.
- An der deutschen Nordseeküste beträgt die Springverspätung, d.h. der Zeitunterschied zwischen dem Eintritt des Voll- und Neumondes und der nächsten Springzeit, mehr als ein Tag (GT, Tafel 1: Helgoland 1d 09h). Der Zeitpunkt des Hochwassers ist um ca. 9,5 bis 12,4 Stunden gegenüber dem Monddurchgang durch den Nullmeridian verspätet (GT, Karte 1), der Zeitpunkt des Niedrigwassers um ca. 3,5 bis 6,5 Stunden (GT, Karte 2).
Gezeitenberechnung – Wie genau muss sie sein?
Das obige Beispiel der Meyer Werft zeigt, welch hohe Anforderungen dort gestellt werden. Ähnliche Anforderungen stellen all die, die professionell „mit Tiefgang“ und Millionen Werten an Bord an der Küste navigieren. Aber welche Genauigkeit muss in der Seekajaknavigation gefordert werden, bei der Navigation und Orientierung im amphibischen Wassersport „ohne Tiefgang“?
Wenn unsere Altvorderen in der Lage waren mit primitivstem Wissen und nur aufgrund von Erfahrung die Tide nur nach dem Mond zu bestimmen, müssten wir, die wir unseren Sport als Naturerlebnis betrachten, dies doch auch können, ja vielleicht sogar wollen. Oder sind die zu erwartenden Fehler für uns zu groß? Brauchen wir bei einer Hand breit Tiefgang und bei amphibischer Wandergeschwindigkeit, unbedingt Minuten und Zentimeter genaue langfristige Tidenvorhersagen? Zwei Beispiele sollen als Antwort dienen:
- Auch im Zeitalter hochpräziser GPS-Navigation ist im Seekajaksport nicht nur bei der langfristigen Vorausberechnung der Höhe der Gezeit die 12er-Regel durchaus gängig. Sie ist bei Weitem nicht so genau wie die Tidenkurven und Tabellen des BSH. Trotzdem offensichtlich völlig ausreichend.
- Aus der Navigation im Watt wissen wir, dass sich Theorie und Praxis in der Gezeitenberechung häufig dramatisch unterscheiden. Nicht vorhersehbare und kalkulierbare meteorologische Beeinflussungen der Tide haben dort erhebliche Veränderungen sowohl bei der langfristig errechneten Zeit als auch Höhe der Gezeit. Sie sind daher dort in der Praxis auch nur Anhaltswerte. Das BSH weist in seinen GT ausdrücklich darauf hin (s.o.).
Vor diesem Hintergrund jetzt zwei Tidenberechnungen nach dem Mond – quasi nach „mittelalterlicher Methode“. Diese Beispiele sollen demonstrieren welche Ergebnisse und Genauigkeiten mit diesen recht einfachen Rechnungen erzielt werden können.
Wer Lust hat nehme das Nautische Jahrbuch (NJ) und rechne zusätzlich die Gestirnswinkel genau aus um die Abweichungen zumindest teilweise nachvollziehen zu können (NJ-Ergebnisse unten in Klammern angegeben).
Tidenberechung nach dem Stand des Mondes
Die Zeit, Erfahrung aus langer Beobachtung zu sammeln, hat heute kaum mehr jemand. Die Jahre, die der alte Kutterführer hierfür hatte, werden mit Hilfe des BSH übersprungen. Mit ganz wenigen Angaben aus den GT, die einmal im Jahr notiert werden, können durchaus akzeptable Ergebnisse erzielt werden.
1. Ab wann (HWZ) kann am 13. August 2010 von Neuharlingersiel nach Spiekeroog rüber gepaddelt werden?
Der letzte Neumond vor dem 13. 08.2010 war am 10. 08.2010 um 03:08 Uhr (UT).
Die wenigen notwendigen Angaben entnehmen wir den GT, Karte 1 und 2. Sie haben sich seit Jahrzehnten nicht mehr geändert, enthalten die für das gesamte Seekajakrevier Nordsee gültigen „mittleren Hochwasser- (Niedrigwasser-) Zeitunterschiede gegen den Durchgang des Mondes durch den Nullmeridian“. Für die ostfriesischen Inseln mitteln wir die HW-Werte von Borkum, 09h45m, bis Wangerooge, 10h50. Pro Insel nach Osten ergeben sich ca. 10 Min. gegenüber Borkum, d.h. für Spiekeroog ca. 10h30 Min. Ebenso mitteln wir die NW-Werte aus Karte 2.
Und jetzt die „Rechnung nach dem Mond“ (ein Taschenrechner – im GPS-Gerät dabei – hilft, vielleicht auch eine grobe Skizze auf Papier oder im Sand):
Bild 5: Neumond am 10.8.2010, 03:08 (UT) |
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Bild 6: Mond am 13.8.3010, 03:08 (UT) |
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Bild 7: Greenwich Meridiandurchgang des Mondes am 13.8.2010 |
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HWZ in Neuharlingersiel am 13.8.2010: 15:02 (UT) + 10:30 (für HWZU) + 02:00 (für MESZ) = 15:02 (MESZ) (GT: 15:08 MESZ, Differenz -6 Min) |
2. Ab wann (NWZ) geht es am 22. August 2010 von Spiekeroog zurück?
Bild 8: Neumond am 10.8.2010, 03:08 (UT) |
Für Sonne und Mond gelten wie in Beispiel 1:
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Bild 9: Mond am 21.8.2010, 03:08.2010 (UT) |
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Bild 10: Greenwich Meridiandurchgang des Mondes am 21.8.2010 |
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NWZ in Spiekeroog am 22.8.2010: 22,4 (UT, 21.8.) + 4,7 (für NWZU) + 02:00 (für MESZ) = 5,1 (MESZ, 22.8.) + 12,2 (für 1 Tide) = 17,3 =17:18 (MESZ) (GT: 17:58 MESZ, Differenz -40Min.) |
Die Ungenauigkeiten in den Ergebnissen sind für eine langfristige Vorausberechnung in der Praxis durchaus akzeptabel. Der Betrag der Ungenauigkeit hängt vom relativ ungenauen Ablesen der Karten 1 und 2 (Fehler +/- 10 Minuten) und, da mit astronomischen Mittelwerten und nicht auf Kommastellen genau gerechnet wird, vom Mondalter, d.h. wie viele Tage seit Neumond vergangen sind, ab. Im ersten Beispiel betrug das Mondalter 3 Tage (schmale Sichel, zunehmender Mond), im zweiten 12 Tage (fast Vollmond). Je länger dieser Zeitraum ist umso stärker wirken sich Fehler bei den Mittelwerten aus. (Die Genauigkeit lässt sich verbessern wenn nicht nur von Neumond ausgegangen wird. Dazu müssen dann aber auch die Zwischenwerte für Vollmond oder sogar für erstes und letztes Viertel notiert werden.)
Faustwerte für die Wasserstände.
Bei der langfristigen Vorausberechnungen für die zu erwartenden Wasserstände kann man beruhigt noch pragmatischer vorgehen. Es genügen Revier-Erfahrungswerte oder Mittelwerte aus den GT. Im Revier ostfriesische Inseln merkt man sich z.B.: MSpTH ca. 3m (Borkum 2,69m), MNpTH ca. ca. 2m (Borkum 1,95m) und macht kaum einen Fehler wenn man von einem durchschnittlich TH von ca. 2,5m ausgeht.
Für die praktische Seekajaknavigation sind die so zu erwartenden Fehler in der langfristigen Vorausberechnung durchaus tragbar.
Zusammenfassung:
Alles was man zu der hier gezeigten Gezeitenrechnung nach dem Mond braucht ist
- Verständnis für die Zusammenhänge um die Gezeitenentstehung,
- die Zeiten des Neumondes
- wenige gemittelte Angaben aus den Karten der GT, und
- Grundkenntnisse der Astronomie, d.h. wie sich Sonne und Mond am Himmel bewegen.
Die Ergebnisse können nicht so genau sein wie die nach Tabellen und Graphiken errechneten. Sie basieren auf groben astronomischen Mittelwerten und berücksichtigen nur mittlere hydrographische Einflüsse. Für eine längerfristige Vorausberechnung sind sie völlig ausreichend. Kurzfristig müssen einer Fahrtenplanung ohnehin immer aktuelle Meldungen zugrunde gelegt werden.
Für die, die die „Genauigkeiten nach dem Mond“ akzeptieren und Interesse an dieser Art der Berechnung haben hier ein Vorschlag: Eine Tiden-Vorausberechnungs-Taschen-Gedächtnishilfe, der
Tidenkalender Deutsche Bucht in Scheckkartenformat für ein Jahr
So könnten Vorder- und Rückseite und der fertig gestellte Tidenkalender aussehen:
Bild 11: Tidenkalender im Scheckkartenformat Vorderseite
Bild 12: Tidenkalender in Scheckkartenformat Rückseite
Diese Abbildungen (Beispiele) werden in entsprechender Größe (80 x 55 mm) ausgedruckt, zurecht geschnitten, rückseitig gegeneinander gelegt, einlaminiert und schon hat man einen Tidenkalender für die deutsche Bucht für ein ganzes Jahr. Der passt in jedes Portemonnaie und kann immer dabei sein.
Gebrauchsanleitung siehe oben.
Bild 13 Tidenkalender für die deutsche Bucht, 2010
(Scheckkartenformat, laminiert, beidseitig.)
(Alle Abbildungen vom Autor gefertigt.
Kopien aus den GT mit freundlicher Genehmigung des BSH.)
Der vorstehende Text wurde im Mai 2010 im Hinblick auf die Seekajakwoche der Salzwasserunion in Spiekeroog im August 2010 geschrieben. Die in den Rechenbeispielen im Artikel erwähnten Daten sind daher auf das Jahr 2010 bezogen. Gleiches gilt für die genannten Handbüchern (Gezeitentafel (GT) und Nautisches Jahrbuch (NJ)).
Siegfried Netzband, 5. Mai 2010
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