wattenreglung 2023 kDieser Bericht beruht weitgehend auf den Einschätzungen der Küstenexperten der Salzwasserunion.

Es sind in der Verordnung viele Forderungen aus den Stellungnahmen von DKV und Salzwasserunion berücksichtigt worden, einige aber auch nicht oder nicht vollständig.

Die vom Verordnungsgeber über Jahrzehnte vorbereitete und vieldiskutierte Verordnung ist seit dem 28. April 2023 in Kraft. Die Schutzgebietsgrenzen sollen innerhalb von 12 Monaten in die amtlichen Seekarten übersetzt sein. Unserer Auffassung nach können die Schutzgebietsgrenzen erst dann vollumfänglich bindend sein.

Die Dreistundenregel gilt nicht mehr. Allgemeine Schutzgebiete (Zone I) dürfen nun also immer befahren werden, wenn genug Wasser da ist. Die besonderen Schutzgebiete (VSG/RSG) sind z.T. massiv ausgeweitet worden. Diese dürfen nur in betonnten bzw. beprickten Fahrwassern oder den in der Verordnung bezeichneten Routen und Wasserwanderwegen befahren werden

Das Trockenfallen bzw. Anlanden ist in Allgemeinen und Besonderen Schutzgebieten jetzt grundsätzlich verboten, außer an den ausgewiesenen Trittsteinen, die die Wattsegler und wir Paddler von DKV und Salzwasserunion in die Verordnung eingebracht haben. In Schleswig-Holstein sind es 25 Trittsteine, in Hamburg Einer und in Niedersachsen 24 an der Zahl. Das Betreten des Watts ist an diesen Stellen in einem Radius von 200 Metern um den Koordinatenpunkt erlaubt, sofern nichts anderes in der Liste vermerkt ist. Die Bezeichnungen und Koordinaten dazu findet Ihr HIER. Es ist jeweils ein Link zu Google Maps dabei, um die Erkennung der Lage der Trittsteine zu vereinfachen. Vielen Dank an dieser Stelle an Steffen Wagner aus Bremen für die übersichtliche Gestaltung der Listen und die Unterstützung!

Es sind insgesamt 19 Wasserwanderwege (ausschließlich für Muskalkraftantrieb) und Traditionelle Routen (Für Segler und Paddler) durch besondere Schutzgebiete eingerichtet worden. Diese Routen sind jeweils 250 Meter breit, also 125 m rechts und links der Koordinatenlinie. Die Bezeichnungen und Koordinaten dazu findet Ihr ebenfalls HIER.

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Bei der wattseitigen Anfahrt zur Jugendbildungsstätte Juist haben wir zudem eine sehr sicherheitsrelevante Lücke im Schutzgebiet erwirkt und damit die „Hintertür“ zu diesem wichtigen Ausbildungsstützpunkt für Jugend und Brandungspaddeln offengehalten.

Trittsteine und Wasserwanderwege bzw. Routen werden nicht in den amtlichen Seekarten erscheinen! Hier sind wir gefordert vor der Tourenplanung entsprechende Einzeichnungen vorzunehmen.

Folgende Formulierungen sind für uns wichtig, wenn es doch mal zu einer Diskussion kommen sollte und man sich aus vernünftigen Gründen, nicht strikt an die Vorgaben halten kann und z.B. das Boot verlassen muss:

  • 6 (5)

    "Das Verlassen eines Wasserfahrzeugs in Allgemeinen Schutzgebieten und in Besonderen Schutzgebieten ist zum Zwecke des Befahrens nur dann erlaubt, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs zur Sicherstellung der Fahrtauglichkeit und Ausstattung des Wasserfahrzeugs dringend geboten ist."

    Beispiele: Das Warten auf den Tidenkipp (ausruhen um fahrtauglich zu bleiben), die dringend nötige biologische Pause oder das Dehnen verkrampfter Muskeln kann man nach unserem Verständnis hier einordnen, sollte aber planerisch auf allgemeine Schutzgebiete beschränkt bleiben.

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    • 8 (1)

 

"Die Verbote nach § 6 Absatz 3 Satz 1 gelten nicht für das Befahren

6. bei Seenot oder zur Vermeidung sonstiger Gefahren für Leib und Leben."

 

Beispiel: Nach einem Wetterumschwung und schwierigen Bedingungen muss man sich (und Andere) nicht durch strenge Beachtung der Schutzgebietsgrenzen in eine potentiell gefährliche Situation bringen. In derartigen Ausnahmefällen bleibt eine Befahrung erlaubt.

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"(3) Sofern dies mit dem Schutzzweck der Verordnung vereinbar ist, kann die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt im Benehmen mit der örtlich zuständigen Naturschutzbehörde im Einzelfall Befreiungen von den Verboten des § 6 Absatz 1 bis 3 oder des § 7 erteilen, wenn die Einhaltung der Verbote zu einer nicht beabsichtigten und unzumutbaren Härte führen würde."

Beispiel: Bei praktischer Unbefahrbarkeit von bestimmten Routen Aufgrund der Bestimmungen der Verordnung kann eine dauerhafte Befreiung bei der GDWS beantragt werden. Dies muss gut begründet sein, Alternativen müssen fehlen und der Gemeingebrauch unverhältnismäßig stark beeinträchtigt sein. Bitte wendet Euch bei entsprechendem Bedarf an mich.

 

Generell sind wir organisierten Paddler ja so ausgebildet und eingestellt, dass wir die Natur, Seehunde und Vögel möglichst wenig stören, keine Spuren hinterlassen (außer gelegentlich die im Sand) und eher noch in Aktionen oder spontan angespülten Müll mitnehmen oder melden. Von daher sind wir uns sicher, dass obige Erwägungen einen praktikablen Weg aufzeigen, naturverträglich und im Einklang mit dem Schutzzweck der Verordnung weiter dieses tolle Gebiet befahren zu können.

Zu guter Letzt: Sicher sind nicht alle Trittsteine und Routen ideal positioniert. Dies gilt es zu analysieren und ggf. einzuwenden. An den Verhandlungen waren nicht nur das Verkehrsministerium und wir beteiligt waren. Es war kein Wunschkonzert. Das Bundesumweltministerium, die Nationalparkverwaltungen der Länder, Naturschutz-, Wirtschafts- und Sportverbände (Segler, Ruderer, Wir) haben ebenfalls mitgewirkt, naturgemäß teilweise mit anderer Zielsetzung.

Viele unserer Forderungen wurden umgesetzt, einige auch nicht bzw. nicht so, wie wir es wollten. Dies geht allen anderen beteiligten Verbänden genauso. Über einige Erfolge dürfen wir uns jedenfalls freuen.

An einer übersichtlichen Darstellung von Trittsteinen, Wasserwanderwegen und Routen mit Kartenausschnitten und einer Zusammenstellung der wichtigsten Bestimmungen und Formulierungen der Verordnung arbeiten wir. Eventuell folgt alles auch in Form eines Ringbuchs für den Planungstisch nach dem Vorbild von Christian Dingenottos Revierführer.

Ich wünsche Euch allen eine schöne Paddel-Saison! Vielleicht sehen wir uns auf der Nordsee!

Wolfhard Baader

DKV-Küstenreferent sowie Referent Befahrensregelungen der Salzwasserunion

 

Verordnung:

https://www.recht.bund.de/eli/bund/BGBl_1/2023/113